«Auf allen Weihnachtsbildern ist mir zu viel Krippe, Jesulein, Stall, Maria, Ochs und Engel. Immer dasselbe. Und in allen Krippen zu viel Glitzer, falsches Moos, blödeblickende Schäfelein und schwarz gemalte Heilige Drei Könige. Überhaupt denke ich mir, dass damals im Nahen Osten, in einem stillen Stall, doch wohl weniger Glanz und Gloria war, oder? Ach, die Jahrhunderte haben viel dazu gedichtet, so viel, dass die Wahrheit über das Elend dieser Flüchtlinge wohl immer im Dunkeln bleiben wird. Das Gemüt der Gläubigen braucht anscheinend Märchenhaftes, um beruhigt anbeten zu können Alles nicht mein Ding. Ich habe mich Weihnachtskrippen immer beharrlich verweigert. Und dann trat Oliver Fabel in mein Leben. Es war im Museum für angewandte Kunst in Köln, wo einer der freundlichsten Menschen, die ich kenne, täglich im Museumsshop sitzt. Darum gehe ich immer mal wieder dort vorbei, Freundlichkeit tut gut. Es war im grauen November, wo man so was besonders braucht. Er grinste, griff unter die Theke und sagte: »Das ist doch was für Sie.« Es war meine Weihnachtsoffenbarung: Krippe, elfteilig in Schiebeschachtel, entworfen von Oliver Fabel. 28 Euro.Die elfteilige Krippe besteht aus elf Holzklötzchen, naturfarben, neun größere, zwei kleinere Klötzchen. Die Klötzchen sind einfach beschriftet, schwarze Druckschrift. Die Schriften lauten:
König
König
König
Ochse
Esel
Schaf
Hirte
Maria
Josef
Und dann etwas kleiner:
Krippe
Jesus.
Die Krippe ist ausgehöhlt, das Jesusklötzchen passt perfekt hinein, Teelicht davor, Tannenzweig, wenn es denn sein muss –schöner, klarer, schnickschnackloser, bauhausmäßiger ward Weihnachten nie. [...] So kann sogar ich das ertragen, was von Weihnachten noch übrig geblieben ist.»
Elke Heidenreich in
«Mein Weihnachtsbild»
Insel Verlag, Berlin 2015
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